Mittwoch, 13. November 2013

Selbsterkenntnis

Ich denke nicht, dass sich Selbsterkenntnis im Nachdenken erschöpfen kann. Wenn wir über uns nachdenken, dann objektivieren wir uns, wir machen uns zu den Objekten unserer Reflexionen. Doch ist das überhaupt möglich? Wenn wir versuchen, uns zu erkennen, sind wir Erkennende und Erkanntes in einem. Einerseits sind wir lebendig, unergründlich und von tausenden Widersprüchen durchzuckt, auf der anderen Seite trachten wir danach, bis auf den unbewegten Grund unserer Seelen zu schauen. Kann das funktionieren? Über sich selbst nachzudenken, heißt auch, still zu halten, es ist so, als wären wir beim Fotografen, der uns sagt, dass wir lächeln sollten. Es ist nicht echt. Wir erleben uns nie so, wie wir sind, sondern so, wie wir uns erleben, sofern wir uns reflexiv mit uns befassen. Mit anderen Worten: Wie wir in natura sind, werden wir niemals erfahren, zumindest nicht, solange wir nur unsere Gedanken auf die Reise schicken. Das Nachdenken hat es immer nur mit etwas Künstlichem und Verstelltem zu tun. Als Denkende vermögen wir immer nur einen matten Schimmer des Lebens zu erfassen, den gebrochenen Rest und Schatten einer Erfahrung, die aus der Ferne her nur noch als Erinnertes zu uns dringt. Darum gehört das Gefühl, nicht zu leben, zu den eigentümlichen Erfahrungen des Menschen, der es wagt, über sich nachzudenken. Selbsterkenntnis kann aber nicht bedeuten, aus sich einen Toten zu machen, im Gegenteil. Wir wissen oft gar nicht, auf wie vielfältige Weise wir lebendig sein könnten. 

4 Kommentare:

  1. Der letzte Satz ist .... mir fehlen die Worte. Immer wieder schön, dass du deine Gedanken mit uns teilst. Viele liebe Grüße, Lena

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  2. Manchmal habe ich sogar noch Gedanken ;) Die ich dann auch gerne mit euch teile. Liebe Grüße, Karsten

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  3. Ein kluger Text, geboren aus dem Nachdenken über sich selbst, und dem Nachdenken über dieses Nachdenken? Weil man unweigerlich an Grenzen stößt ,wenn wir versuchen uns selbst bis in den kleinsten Winkel zu ergründen. Und---laufen Gefahr, darüber zu vergessen oder zu übersehen, wie lebendig wir doch eigentlich wirklich sind und sein können. Letztendlich ist es unser subjektives Betrachten unserer selbst. Und wir schauen auch, wie wir uns in anderen Menschen widerspiegeln, Doch selbst das gibt uns nicht wirklich immer die Antworten, die wir vielleicht erhoffen.Wir wollen natürlich verstehen, warum und wieso wir so sind, wie wir heute sind- wie wir glauben zu sein- nach aussen zu wirken.Folgen den oft verlorenen Spuren in der Vergangenheit. Doch selbst das, ist nur eine Teil von uns, der nicht wirklich die Vielfältigkeit unseres Wesens widerspiegelt. Mit all seinen Schatten- und Lichtseiten. Und sollten aufpassen, uns nicht darin zu verlaufen. Wir werden, für manches Antworten finden, das ist wichtig für ns. Aber, es ist nur ein kleiner Teil von uns. Und nichts absolutes, das uns male aufbrennt für alle Zeiten und in eine Schublade passen lässt. Ich sollte mal Schluss machen. Meine Gedanken rotieren gerade. :) DU bist "Schuld"! ;) Und auch dafür mögen wir dich. Liebe Grüsse von Frank

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  4. Ich danke dir. Das Kreuz dieser Schuld lade ich mir gerne auf den Rücken ;)

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