Dienstag, 30. Juli 2013

Nächtliche Gedanken

Wenn es zutrifft, dass jene Gefühle, die wir mitzufühlen meinen, in Wahrheit unsere Gefühle sind, die wir in andere projizieren, dann ist jedes Mitleid Selbstmitleid.

Menschen, die sich schuldig fühlen, wenn sie einmal nichts weiter tun, als auf ihre eigenen Gefühle zu achten, sollte man dazu ermuntern, dies aus Rücksicht auf andere zu tun. Denn das Mitgefühl für andere können wir nur entwickeln, wenn uns selbst gegenüber achtsam sind. Wer in Einsamkeit meditiert, verbiestert nicht, sondern trainiert aktiv sein Mitgefühl. 

Es ist nicht egoistisch, glücklich sein zu wollen. Die Gegenwart eines wahrhaft glücklichen Menschen beseelt alle, die ihm begegnen. Der eigentliche Egoismus besteht also darin, nicht glücklich sein zu wollen.

Die Grundlage des Mitgefühls besteht darin, dass ich mir bewusst mache, dass alle Wesen leidensfähig sind. Die Grundlage des Mitgefühls besteht also unredlicherweise darin, dass ich von mir auf andere schließe. Ich unterstelle ihnen einfach, dass es ihnen nicht substantiell anders geht als mir. Tue ich dies nicht, verliere ich diesen erträumten und erdichteten Zugang zu ihnen wieder. Ist also Unredlichkeit die Grundlage des Mitgefühls?

Wer Angst vor seinen Schwächen hat, hat Angst vor seiner Menschlichkeit.

Wir verstehen nie die Wirklichkeit, sondern das, was unser Geist Mundgerechtes aus ihr zubereitet hat. Worum sind wir so scharf darauf, die Wirklichkeit zu verstehen, also von ihr zu abstrahieren, anstatt sie zu erfahren? Ist die Reflexion nicht unendlich viel ärmer als jede Erfahrung? Sind wir denn nicht nur ganz, insofern wir erfahren?

Ich denke gar nicht daran, mich gut zu verkaufen, weil meinen Preis ohnehin niemand bezahlen könnte.






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